Heute vor 123 Jahren, am 21. Januar 1901, wurde Clara Eleonore, genannt "Clärenore" Stinnes im Ruhrgebiet in der Stadt Mülheim an der Ruhr geboren. Clärenore Stinnes hatte für die damalige Zeit mutige und außergewöhnliche Pläne für ihr Leben: Sie wollte in der großen und erfolgreichen Firma ihres Vaters Hugo Stinnes arbeiten und dort eine wichtige Position übernehmen. Außerdem liebte sie Autos, das Autofahren und war neugierig auf die ganze Welt.
Der frühe Tod des Vaters
Obwohl Stinnes von ihrem Vater früh und vertrauensvoll in die Arbeit der Firma einbezogen wurde, konnte sie ihre Pläne nicht verwirklichen. Denn als sie 24 Jahre alt wurde, verstarb der Vater, und die Mutter hatte andere Pläne mit ihrer Tochter: Sie sollte heiraten und eine Familie gründen. So, wie es vor gut 100 Jahren in den meisten Familien in Deutschland üblich war. Den großen Konzern des Vaters sollten ihre Brüder leiten, obwohl Clärenore Stinnes mehr Interesse daran hatte.
Schnellste Autofahrerin Europas
Doch die junge Frau hielt nicht viel von den gesellschaftlichen Regeln und widersetze sich den Plänen ihrer Mutter. Sie verließ Mülheim, zog nach Berlin und startete eine Karriere als Rennfahrerin. Bereits mit 18 Jahren hatte sie den Führerschein gemacht, was damals etwas ganz Besonderes war. Die meisten Frauen lernten das Autofahren überhaupt nicht. Mit 24 Jahren nahm sie an ihrem ersten Autorennen teil. Sie war eine sehr erfolgreiche Rennfahrerin und fuhr in drei Jahren fast 20 Siege ein. Kein Wunder, dass sie bald eine internationale Berühmtheit wurde.
Neue Pläne, neues Abenteuer
Stinnes Abenteuerlust ging noch weiter: Sie wollte mit einem Auto die Welt umrunden - von Deutschland bis nach Japan, von dort auf die Insel Hawaii und weiter nach Süd- und Nordamerika! Weil ihre Mutter und ihren Geschwister von der Idee der Weltumrundung nicht viel hielten, bekam sie auch keine finanzielle Unterstützung von ihrer Familie. Um ihren Plan trotzdem umzusetzen, sammelte sie Geld von anderen Firmen ein. Mit einem fast 50-PS-starken Auto mit Liegesitzen, einem LKW für Vorräte, Werkzeug und Ersatzteilen, einem Hund, zwei Mechanikern und dem Kameramann Carl-Axel Söderström startete Stinnes am 25. Mai 1927 in Frankfurt ihre Weltreise.
In zwei Jahren um die Erde
Das Abenteuer war anstrengend, schwierig und gefährlich, denn es gab noch nicht viele richtige Straßen. Die beiden Mechaniker gaben bereits auf der Fahrt durch Russland auf, sodass das Weltumrunder-Team auf zwei Personen schrumpfte. Die Rennfahrerin und der Kameramann bewältigten gemeinsam viele Abenteuer. Sie fuhren durch die Wüste Gobi und durch das kalte Sibirien und "schlitterten" mit dem Auto über den zugefrorenen Baikalsee. Immer wieder hatten sie Autopannen. Einmal wären sie fast verdurstet. Aus Verzweiflung tranken sie das Wasser aus dem Autokühler bevor sie gerettet wurden.
Auf ihrer Weltreise wurden Stinnes und Söderström von vielen Menschen freundlich und neugierig empfangen. In den südamerikanischen Anden waren sie auf die Hilfe von Einheimischen angewiesen, die das Auto an Seilen über die Gipfel zogen. Als sie später über die Straßen der USA fuhren, kam ihnen das fast wie ein Luxusurlaub vor. Ein Empfang im "Weißen Haus" beim US-amerikanischen Präsidenten war das große Finale der langen Tour.
Das Abenteuer endete am 24. Juni 1929 in Berlin. In etwas mehr als zwei Jahren und nach fast 50.000 Kilometer hatte Clärenore Stinnes ihren Traum, die Welt mit dem Auto zu umrunden, verwirklicht. Der Kameramann Söderström hatte sehr viele Erlebnisse gefilmt. Im Jahr 1931 konnten Kinobesucher/-innen die Abenteuer auf großer Leinwand als Dokumentarfilm anschauen.
Danach wurde es ruhiger
Stinnes und Söderström blieben auch nach der Reise zusammen und heirateten. Sie bekamen drei Kinder und lebten als Landwirte in Schweden. Clärenore Stinnes-Söderström verstarb dort am 7. September 1990.
Auch heute können sich Mädchen und Frauen die mutige und emanzipierte Abenteurerin als Vorbild nehmen, ihren eigenen Weg zu gehen.