Lesen mit den Händen? Menschen, die nicht sehen können, machen das tatsächlich so. Erfunden hat die ertastbare Schrift der Franzose Louis Braille. Nach ihm ist die „Blindenschrift“ benannt.
Mit einem Unfall fing es an
Vor 215 Jahren, am 4. Januar 1809, wurde Louis Braille in der Nähe von Paris geboren. Als Kleinkind verletzte er sich mit einem Werkzeug am Auge. Die anschließende Entzündung der Augen konnte nicht gestoppt werden, Braille erblindete. Seine Eltern setzen sich sehr dafür ein, dass ihr Sohn eine normale Grundschule besuchen durfte.
Braille und die Drahtbuchstaben
Um den erst Zehnjährigen noch besser zu fördern, schickte der Vater ihn nach Paris auf eine spezielle Schule für Blinde. Braille lernte dort eine Schrift, mit der auch Blinde lesen konnten. Bei dieser Schrift bestanden die Buchstaben aus gebogenem Kupferdraht. Ganze Bücher waren mit diesen Drahtbuchstaben angefertigt. Die Bücher waren jedoch schwer und unhandlich und das Lesen entsprechend mühsam. Braille las alle 14 Bücher, die es in der Schule gab. Er träumte von einer einfacheren Blindenschrift, mit der man mehr Bücher herstellen konnte. Braille lernte in der Schule auch Cello und Orgel zu spielen, obwohl er keine Musiknoten lesen konnte.
Die Braille-Schrift
Eines Tages erfuhr Braille von einem Soldaten, dass es eine Schrift gab, die man auch im Dunklen lesen konnte. Diese Schrift bestand aus zwölf Punkten und Gedankenstrichen, die sich vom glatten Papier abhoben. Für die einzelnen Buchstaben des Alphabets wurden die Punkte und Striche unterschiedlich zusammengesetzt. Braille nahm sich zum Ziel, den Armee-Code zu vereinfachen und zu verbessern. Im Oktober 1825 war die neue Blindenschrift vollendet. Sie war leicht zu drucken und schnell zu lesen. 1827 wurde das erste Buch in der neuen Schrift veröffentlicht. Die Schrift wurde nach ihrem Erfinder „Braille-Schrift“ genannt.
So funktioniert‘s
In Louis Brailles Blindenschrift gibt es pro Buchstabe bis zu sechs Tastpunkte. Jeder Buchstabe, aber auch Satzzeichen wie Punkte oder Komma, bestehen aus einer bestimmten Kombination von Punkten. Großbuchstaben gibt es nicht als extra Zeichen, man kann sie aber an einem Sonderzeichen, das vorangestellt wird, erkennen. Bis auf wenige Ausnahmen ist es so, dass die Buchstaben von a bis j aus den oberen vier Punkten bestehen, die von k bis t haben zusätzlich einen Punkt unten links und die von u bis z haben den zusätzlichen Punkt unten rechts. Die Buchstaben sind groß genug, dass man sie gut mit der Fingerkuppe erfühlen kann.
Andenken nach dem Tod
In seinen späteren Jahren unterrichtete Braille selbst an einem Blindeninstitut. Den großen Durchbruch seiner Schrift hat er aber nicht mehr erlebt. Schon mit 43 Jahren am 6. Januar 1852 verstarb er. Seine letzte Ruhestätte ist das Pariser Pantheon, wo viele Nationalhelden Frankreichs beigesetzt sind. Etliche Bücher in der Braille-Schrift erinnern an den Erfinder der Tastbuchstaben. Vielleicht bist du auch schon einmal mit der Braille-Schrift in Berührung gekommen, zum Beispiel auf einer Medikamentenverpackung. In Aufzügen sind die Ziffern für die Etagen häufig auch in der Blindenschrift angegeben.