Hebamme, Krankenschwester oder Pflegerin zu werden, das war im 19. Jahrhundert angebracht, aber Ärztin? Hope Bridges Adams Lehmann wurde 1880 Deutschlands erste Ärztin – und war nicht nur im Beruf ihrer Zeit voraus…
Studieren nicht vorgesehen
Geboren wurde Hope Bridges Adams Lehmann heute vor 169 Jahren, am 17. Dezember 1855, in England. Zu dieser Zeit sollten Frauen Röcke tragen und eine gute Haus- und Ehefrau sein. Sie durften kein eigenes Vermögen haben und auch nicht wählen. Studieren? Das war für Frauen ebenfalls nicht vorgesehen.
Adams hatte das Glück, dass sich ihr Vater, ein reisefreudige Ingenieur und Journalist, sehr für ihre Bildung einsetzte. Sie besuchte eines der ersten britischen Frauencolleges. Als der Vater verstarb, zogen Adams und ihre Mutter nach Deutschland. Dort schrieb sich die junge Frau als Gasthörerin in der Uni Leipzig – an ein „richtiges“ Studium war nicht zu denken.
Ärztin auf Umwegen
Um trotzdem studieren zu können, kleidete und frisierte sich Adams wie ein Mann. So gelang es ihr 1880 als erste Frau in Deutschland den Abschluss in Medizin zu machen. Aber erst nachdem sie in der Schweiz einen Doktortitel gemacht hatte und in England als Ärztin anerkannt war, durfte sie auch in Deutschland arbeiten. Offiziell „Frau Doktor“ nennen durfte sie sich in Deutschland erst 1904.
„Das Frauenbuch“
Adams war nicht nur als Ärztin eine Vorreiterin. Sie forderte mehr Rechte für Frauen und setzte sich für die Gleichberechtigung ein. Frauen sollten sich endlich wie Männer mehr an der frischen Luft bewegen dürfen, denn das halte schließlich fit und gesund. Adams war zudem gegen Korsetts. Diese damals sehr modernen Kleidungsstücke schnüren Frauen die Taillen ein, damit sie eine so genannte „Wespentaille“ bekommen. Die inneren Organe werden dabei zusammengedrückt, was Adams Ansicht nach nicht gesund sein konnte. Darauf und auf vieles andere machte sie 1896 in ihrer Veröffentlichung „Das Frauenbuch“ aufmerksam. Ihr medizinischer Ratgeber sorgte für große Aufregung.
Ein „modernes“ Leben
Adams Privatleben war ebenfalls ungewöhnlich, denn 1895 ließ sie sich von ihrem ersten Ehemann Otto Walther scheiden. Nur ein Jahr später heiratete sie den wesentlich jüngeren Sozialisten Carl Lehmann. Eine zweimal verheiratete und berufstätige Mutter, die dazu auch noch politisch engagiert war und Auto fuhr, das war vor etwas mehr als 100 Jahren etwas Besonders. Am 10. Oktober 1916 verstarb Dr. Hope Bridges Adams Lehmann.