Das vereinigte Deutschland ist souverän
Heute vor 34 Jahren, am 12. September 1990, wurde der Zwei-plus-Vier-Vertrag abgeschlossen. Mit diesem Vertrag wurde das vereinigte Deutschland 45 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ein souveräner Staat. Souveränität bedeutet, dass der Staat selbst entscheiden kann, was im Staat nach innen sowie in den Beziehungen zu anderen Staaten geschehen soll.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwei deutsche Staaten gegründet – die Bundesrepublik Deutschland und die DDR. Die Siegermächte des Krieges hatten 1945 beschlossen, dass es ohne ihre Zustimmung keine deutsche Einheit geben sollte. Mit dem "Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland", wie der Zwei-plus-Vier-Vertrag offiziell hieß, bekamen die beiden deutschen Staaten die Erlaubnis, sich zu einem Land zu vereinigen. Das hatten die Siegermächte bis zu diesem Zeitpunkt nicht erlaubt. Drei Wochen nach dem Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags, am 3. Oktober 1990, wurde die deutsche Vereinigung gefeiert.
Warum Zwei-plus-Vier?
Die Erklärung für den ungewöhnlichen Namen des Vertrags ist ganz einfach: An den Vertragsverhandlungen waren sechs Staaten beteiligt. Zwei deutsche Staaten, die Bundesrepublik Deutschland und die DDR, und die vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges USA, Großbritannien, Frankreich und die ehemalige Sowjetunion. Bei einigen Verhandlungsrunden saßen auch Vertreter aus Polen am Verhandlungstisch, weil Polen von den Beschlüssen betroffen war. Die letzte Verhandlungsrunde fand in Moskau, der Hauptstadt der Sowjetunion und heutigen Hauptstadt Russlands, statt. Dort wurde der Vertrag auch feierlich unterzeichnet. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde allgemein als ein großer Erfolg gefeiert. Schließlich war es den Verhandlungspartnern gelungen, innerhalb weniger Monate viele Probleme zu lösen, über die man sich seit mehr als 30 Jahren gestritten hatte. Das betraf vor allem die Grenzziehungen in Europa und die Vereinigung der beiden deutschen Staaten.
Wiedervereinigung mit Bedingungen
In dem Vertrag machte Deutschland wichtige außenpolitische Zusagen: Deutschland akzeptiert für alle Zeiten die Staatsgrenzen in der Mitte Europas, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg festgelegt worden waren. Das betrifft vor allem die Grenze zu Polen, die nicht mehr in Frage gestellt wird. Die Stärke der deutschen Armee wurde auf höchstens 370.000 Soldatinnen und Soldaten begrenzt. Deutschland verzichtete auch darauf, jemals Atombomben oder andere Massenvernichtungswaffen zu besitzen (das hatte die Bundesrepublik Deutschland auch schon früher immer wieder in Verträgen zugesichert). An einem entscheidenden Punkt kamen die vier Verhandlungspartner einem großen Wunsch der Deutschen nach: Die Bundesrepublik durfte Mitglied der NATO bleiben. Damit war die Bundesrepublik auch weiterhin Teil des Verteidigungsbündnisses, dem die USA, Kanada und viele europäische Staaten angehören.
Ein diplomatisches Meisterwerk
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag gilt bis heute als ein besonderer Erfolg von Diplomaten und Staatschefs. 2011 ist der Vertrag darum auch von der UNESCO in das Programm „Memory of the World“ aufgenommen worden. Er zählt damit zum Weltdokumentenerbe der UNO. Das einzige unterschriebene Originalexemplar des Zwei-plus-Vier-Vertrags befindet sich heute im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin.