Hanisauland: Lexikon @todo: aus Preprocess

Der im Jahr 2000 erschienene Roman der 1938 geborenen, erfolgreichen Kinder- und Jugendbuch-Autorin Federica de Cesco wurde nun von dem Italo-Schweizer Nino Jacusso verfilmt. Er hat bereits ein Dokumentarfilm-Porträt über de Cesco gedreht. Obwohl sie bisher etwa 90 Arbeiten veröffentlicht hat, ist seltsamerweise noch keines ihrer anderen Werke verfilmt worden. Ausschlaggebend war für Jacusso dann neben Recherchen bei Jugendlichen über dieses Buch vor allem die positive Bewertung seiner Tochter. Diese gibt im Film bei den Reitszenen ohne Sattel auch das Stuntdouble für Shana. Mit seinem Film ist Jacusso weit über das hinausgegangen, was üblicherweise eine Literaturverfilmung auszeichnet. Er wollte den fiktiven Roman der Autorin so realitätsnah wie möglich verfilmen und zwar dort, wo die Geschichte angesiedelt ist, also bei den kanadischen Indigenen. Deshalb reiste er ins Reservat Lower Nicola Indian Band in British Columbia, der westlichsten Provinz von Kanada mit ihrem wirtschaftlichen Zentrum Vancouver. Dort fand er nach einem halben Jahr des Zusammenlebens Zugang zum Volk der Scw’exmx, den „People of The Creeks“, also dem Volk der Flüsse. Gemeinsam mit den Indigenen erarbeitete er über die Literaturvorlage hinaus ein Drehbuch, das ihrer Identität und ihren kulturellen Wurzeln entspricht und möglichst authentisch ist. Denn viel zu oft in Filmen schon wurden indigene Menschen von weißen Darstellern verkörpert, die mit deren kulturellen Wurzeln gar nicht vertraut waren. In diesem Film spielen die Scw’exmx alle Rollen, einschließlich der in ihrer geheimnisvollen Verschlossenheit wirklich beeindruckenden Hauptdarstellerin. Sie wurde mit Unterstützung der örtlichen Schamanin (Medizinfrau) Leona Rabbitt gefunden.

Wer vermutet, dass Geigen und Violinen allein der europäischen Musikkultur entspringen, liegt übrigens falsch. Geigen waren bei den Indigenen dieser Region sehr beliebt. Denn die vier Saiten der Geige entsprechen den vier Himmelsrichtungen und sie symbolisieren die vier wesentlichen Abschnitte des Menschenalters: Kindheit und Jugend, das Erwachsenenalter und die letzte Periode als alter Mensch bis zum Greis. Es entspricht auch den Initiationsriten (regelhafte Einführung in die Welt der Erwachsenen) der Scw’exmx auf dem schwierigen Weg ins Erwachsenenleben, dass Jugendliche für einige Tage in den Wald gehen, um ohne fremde Hilfe Kontakt zu ihren Vorfahren aufzunehmen und zu lernen, für sich selbst zu sorgen und Verantwortung für sich zu übernehmen.
Eine eigene Geschichte ist der weiße Wolf im Film wert. Das ursprünglich vorgesehene Tier verletzte sich kurz vor den Dreharbeiten. Ersatz fand man dann gerade noch rechtzeitig in einem bekannten Filmstar: dem zehnjährigen US-amerikanischen Wolf Brit, der schon bei der „Twilight“-Saga vor der Kamera stand.

Die amerikanischen Indigenen wurden mit der Besiedelung des nordamerikanischen Kontinents fast ausgelöscht. Ihre Nachfahren leben heute meistens in Reservaten und werden – inzwischen etwas respektvoller – als „First Nations“ bezeichnet. Es gibt unter den zahlreichen Filmen bislang nur wenige, in denen Vertreter dieser indigenen Völker glaubwürdig und überzeugend sich selbst spielen und noch dazu bereit sind, anderen etwas von ihrer Kultur und ihren magischen Glaubensvorstellungen zu vermitteln. „Shana – Das Wolfsmädchen“ ist ein visuell beeindruckender und thematisch wie musikalisch einzigartiger Film, der viel über die kulturelle und spirituelle Identität der „First Nations“ erzählt.