Hanisauland: Lexikon @todo: aus Preprocess

Die Geschichte von Horton und den Bewohnern von Hu-Heim wurde vor etwa einem halben Jahrhundert von Dr. Seuss, mit bürgerlichem Namen Theodor Seuss Geisel (1904-1991) erfunden. In den USA war er einer der meistgelesenen Kinderbuchautoren, weltweit wurden bereits über 250 Millionen Exemplare seiner Bücher verkauft. Doch erst die Entwicklung moderner Computertechnologie machte es möglich, diese schräge Fantasiewelt in einen 3-D-Animationsfilm umzusetzen. In seiner visuellen Gestaltung stammt er unverkennbar von den Machern von „Ice Age“ und durch seine dreidimensionale Machart wirkt er sehr realistisch. Dr. Seuss schrieb seine Geschichte einst in Reimen, die nur ansatzweise im Film beibehalten wurden. Stattdessen führt ein Off-Erzähler, der selbst nicht als Figur in Erscheinung tritt, durch den komplett digital animierten CGI-Film. Die beiden Regisseure Jimmy Hayward und Steve Martino arbeiteten schon als Animator beziehungsweise als Künstlerischer Leiter an früheren Welterfolgen der Pixar-Studios mit. Bei ihren Entwürfen stützten sie sich auf Zeichnungen und Notizen des Autors, verbanden den detailreichen Zeichenstil der 1950er-Jahre mit neuester Animationstechnik. Im Film ähnelt Hu-Heim noch mehr der Welt der Menschen, während in der Originalvorlage die Bewohner noch käferartige Kreaturen mit runden Köpfen waren. Größte Sorgfalt wurde bei der Umsetzung der Geschichte in einen Animationsfilm auf jedes Detail gelegt, selbst die Blumen und Blätter wirken individuell. Die Kleeblume beispielsweise, auf der sich das Staubkorn mit der Welt der Hus befindet, besteht aus einer Million Haaren, die vom Computer berechnet wurden. Beide Welten, die in Nümpels und die in Hu-Heim, werden konsequent in einer Parallelmontage gezeigt, ohne dass es zu einer direkten Begegnung käme. Sie können sich nur hören, dennoch beeinflussen sie sich gegenseitig. Welche Auswirkungen die Flucht des Elefanten beispielsweise auf den Bürgermeister hat, der gerade einen Zahnarzttermin wahrnimmt, sollte man sich unbedingt selbst ansehen.

Ohne pädagogischen Zeigefinger und mit viel Witz und Einfallsreichtum vermittelt der Animationsfilm eine Reihe von moralischen Botschaften, die für das Zusammenleben der Menschen in den 1950er-Jahren des Kalten Kriegs, als das Buch herauskam, wie auch heute sehr wichtig sind. Allen voran ist es der ausformulierte Standpunkt des Elefanten, der ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein gegenüber anderen entwickelt, die seiner Hilfe bedürfen. Er ist „hundertprozentig treu“, absolut verlässlich und davon überzeugt, dass „ein Mensch ein Mensch sei, egal wie klein er ist“. Es versteht sich von selbst, dass damit zunächst einmal alle Kinder gemeint sind, die sich sicher auch mit dem rebellischen Verhalten von Jo-Jo und dem überbehüteten Kängurujungen identifizieren können. Aus deren Perspektive appelliert der Film an die Erwachsenen, den Kindern Gehör zu schenken, sie in ihren Bedürfnissen und mit ihren Sorgen wahrzunehmen.

Zugleich zeigt der Film eine pazifistische und sogar kosmische Perspektive, angesichts der unendlichen Weiten des Weltalls ein gewisses Maß von menschlicher Bescheidenheit zu entwickeln. Selbst wenn eine fremde Welt nicht sichtbar und unmittelbar erfahrbar ist, kann sie doch existieren und vielleicht lässt sich unter gewissen Voraussetzungen auch mit ihr kommunizieren. Während die anderen Tiere glauben, Horton sei verrückt geworden, weil er offenbar mit einem Staubkorn spricht, hält die Maus Morton zu ihm, die zwar selbst nicht an Hortons Geschichte glaubt, aber sachlich und vernunftmäßig reagiert. Als Gegenspieler fungieren in Hu-Heim einige Politiker, die das Volk für dumm verkaufen, und in Nümpels das engstirnige Känguru, das über den eigenen Erfahrungshorizont nicht hinausblickt, den Sohn vor allen Gefahren und Freuden des Lebens bewahren möchte, jede Andersartigkeit für eine Bedrohung hält und im Adler Vlad Vlad-I-Koff, der als Symbol für das Militär steht, einen willfährigen Erfüllungsgehilfen findet.
Wenn am Ende dennoch eine Versöhnung zwischen den Feinden möglich ist, bemüht der Film in einem fulminanten Showdown das urchristliche Motiv der Vergebung und zeigt eindrucksvoll, wie die vor Wut und Hass verzerrten Gesichter der aufgewiegelten Gorillas sich in Verlegenheit und Scham verwandeln. Unverkennbar sind dies in der literarischen Vorlage angelegte Anspielungen auf das Christentum und dessen humanistische Botschaft sowie auf die historischen Reaktionen der Kirche gegenüber Andersgläubigen. Solche vermutlich von den Machern beabsichtigten Subtexte des Films müssen jedoch nicht verstanden werden, um Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen spannende und gut gemachte Unterhaltung zu bieten.