- Regie:
- Hüseyin Tabak
- Land und Erscheinungsjahr:
- Österreich 2013
- Altersfreigabe der FSK:
- ab 6 Jahren
- Altersempfehlung:
- sehenswert ab 12 Jahren
- Länge:
- 86 Minuten
- Kinostart:
- 3. April 2014
Veysels kurdischer Vater saß als ehemaliger Widerstandkämpfer in der Türkei fünf Jahre im Gefängnis. Er fühlte sich nach seiner Entlassung aber weiterhin bedrängt und eingeschüchtert, sodass er mit seiner Familie nach Österreich geflohen ist. In Wien kommt Veysel gleich in eine deutschsprachige Schulklasse, obwohl er der fremden Sprache noch gar nicht mächtig ist. Auch leidet Veysel unter der Einsamkeit und Isolation in der fremden Umgebung. Denn sein sechs Jahre älterer Bruder Mazlum geht in Wien mittlerweile seine eigenen Wege. Er kann dem Vater nicht verzeihen, dass dieser viele Jahre abwesend war und sich nicht um die Familie gekümmert hat. Einziger Lichtblick für den stillen und verträumten Jungen ist seine Mitschülerin Ana, in die er heimlich verliebt ist. Im Gegensatz zu ihm kann Ana schon sehr gut deutsch. Sie ist mit ihrer Familie bereits vor mehreren Jahren von Bosnien-Herzegowina aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Wien gekommen. Veysel würde ihr seine Gefühle gerne gestehen, aber er spricht noch kein Deutsch und sie kein Türkisch.
Da besinnt sich Veysel auf den populären türkischen Musiker und Dichter Asik Veysel, nach dem ihn sein Vater benannt hat. Mit seiner Verehrung des Dichters überzeugt er schließlich sogar den griesgrämigen türkischstämmigen Wohnungsnachbarn Cem, der in Österreich aufgewachsen ist. Er hilft ihm bei der Übersetzung des Gedichts „Deine Schönheit ist nichts wert“. So wird Cem bald zum Freund und Vertrauten des Jungen. Für Veysel ist das wirklich ein großes Glück, denn sein Bruder Mazlum, der sich mit dem Verkauf von Drogen finanziell über Wasser halten wollte, sitzt inzwischen im Gefängnis. Damit wächst die Gefahr, dass Veysel und seine Familie Österreich wieder verlassen müssen und abgeschoben werden. Noch weiß Veysel nicht, dass auch Anas Familie ein solches Schicksal droht. Als er endlich den Mut findet, ihr das mühsam auswendig gelernte Gedicht vorzutragen, steht plötzlich die Ausländerpolizei vor der Tür.
Hüseyin Tabak wurde als Kind von kurdischstämmigen Gastarbeitern aus der Türkei 1981 in Bad Salzuflen geboren. Er verfügte bereits über mehrjährige praktische Erfahrungen im Bereich Film, als er 2006 an der Filmakademie Wien zu studieren begann. „Deine Schönheit ist nichts wert“ ist sein Debütspielfilm, obwohl sein ebenfalls 2012 gedrehter zweiter Film Das Pferd auf dem Balkon in Deutschland zuerst ins Kino kam. Weil im Film die Sprachprobleme von Veysel den gesamten Alltag nicht nur in der Schule, sondern auch in seiner Familie bestimmen, sprechen die Darsteller in einigen Szenen türkisch und nicht deutsch. In solchen Fällen ist in den deutschen Untertiteln zu lesen, was die Personen gesagt haben.
Zu Beginn des Films beobachtet Veysel nur stumm das Geschehen um ihn herum. Zugleich rückt die Kamera auch nur das ins Bild, was Veysel in dem betreffenden Moment selbst sehen kann. Auf diese Weise werden seine Wahrnehmung und damit auch unsere Aufmerksamkeit besonders auf Ton und Sprache gelenkt. Einen besonderen Stellenwert erhalten einige Traumszenen, in denen Veysel sich eine bessere Welt und eine schönere Zukunft erträumt. Gleich die ersten Szenen zeigen einen solchen Traum, in dem Veysel mit einer roten Rose in der Hand Ana in ihrer Wohnung abholt. Diese Szenen sind in Zeitlupe zu sehen. Der Ton ist so verzerrt, dass man die Worte nicht mehr verstehen kann. Das Licht und die Farben sind heller und intensiver als sonst. Damit ist sofort klar, dass es sich hier um einen Traum und nicht um die Realität handelt. Nur in einer mehrere Minuten langen Szenenfolge mit Ana und Veysel in der Straßenbahn sind Traum und Realität miteinander in Deckung gebracht. Diese Stelle ist eine der schönsten des Films. Mit einer Traumszene endet er dann auch, denn obwohl Veysel inzwischen ein Stück erwachsener geworden ist und er in Cem einen Freund fand, sind damit längst nicht alle Probleme gelöst.
Probleme aller Art lassen sich am besten lösen, wenn man miteinander reden und sich dem anderen mitteilen kann. Das gilt in besonderem Maß für das ganz persönliche Umfeld, denn Konflikte gibt es schließlich in jeder Familie. Manchmal ist aber allein deswegen keine Verständigung möglich, weil man in einem fremden Land die Sprache noch nicht kann. Für Neuankömmlinge wie Veysel und seine Familie ist das doppelt tragisch. Sie sind als Flüchtlinge nach Österreich gekommen und bekommen nur wenig Unterstützung, diese Fremdsprache möglichst schnell zu erlernen.
Mit Veysels Augen und in seiner Augenhöhe lässt uns der Film an einem solchen Flüchtlingsschicksal teilhaben. Zusammen mit Veysel erleben wir hautnah die harte Realität von Asylanten, schließlich möchte der Film zum Nachdenken über den Umgang mit Flüchtlingen anregen. Aber wir fühlen auch Veysels kleine Hoffnungen und seine große Liebe mit. Und wir erfahren etwas über die Kraft eines Gedichts oder eines Kunstwerks, das sogar ein ganzes Leben verändern kann.
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