- Regie:
- Hüseyin Tabak, nach dem Roman von Milan Dor
- Land und Erscheinungsjahr:
- Österreich 2012
- Altersfreigabe der FSK:
- ab 0 Jahren
- Altersempfehlung:
- sehenswert ab 8 Jahren
- Länge:
- 90 Minuten
- Kinostart:
- 19. September 2013
Wenn der zehnjährige Mika fremden Menschen begegnet, stellt er sich mit den folgenden schnell heruntergeleierten Worten vor, ohne Blickkontakt aufzunehmen: „Ich habe das Asperger-Syndrom. Deshalb bin ich sehr oft gereizt. Ich kann sehr schnell wütend werden!“ Bei dieser Entwicklungsstörung handelt es sich um eine leichte Form von Autismus, die Mika zwar besondere Fähigkeiten verleiht, wie ein überdurchschnittlich gutes Gedächtnis und mathematische Begabung. Auf der anderen Seite hat Mika große Probleme, Gefühle zu zeigen oder die Gefühle der anderen richtig zu deuten. Er kann auch nicht lügen. Alles muss seine Ordnung haben, selbst die Mahlzeiten finden zu einer genau festgesetzten Uhrzeit statt. Andernfalls fühlt Mika sich überfordert. Das kann manchmal ganz schön anstrengend sein, etwa für seine Mutter Lara, die sich liebevoll um ihn kümmert. Die gleichaltrige Dana, deren Eltern aus Indien stammen, lässt sich jedoch von Mikas seltsamem Verhalten nicht abschrecken. Sie nimmt ihn sogar vor seinen Klassenkameraden in Schutz.
Als Mika eines Nachts ein Pferd auf dem Balkon des Nachbarn entdeckt, macht er sich zusammen mit Dana daran, das Geheimnis zu lüften. So lernt er Sascha kennen, einen sympathischen jungen Mathematiker. Sascha ist jedoch seiner Spielsucht verfallen und hat Schulden. Das Pferd hat er bei einer Tombola gewonnen. Für Mika wird das große sanfte Tier zum einzigartigen Erlebnis. Er ist wie verzaubert. Und er möchte das Pferd reiten, das ihm offensichtlich aufs Wort folgt. Zusammen mit Sascha bringt er es in einem Reitstall unter. Dort stellt sich heraus, dass es sich um das berühmte Springpferd Bucephalus handelt, das nach einer Verletzung nie mehr ein Turnier bestreiten kann. Nun steht Sascha vor einer schweren Entscheidung. Am liebsten würde er dem Jungen helfen und das Pferd behalten. Aber zwei Gangster, denen er viel Geld schuldet, bedrohen ihn. Sie verlangen die Begleichung seiner Schuld und schrecken auch vor der Entführung des Pferdes nicht zurück. Gemeinsam mit Dana lässt Mika nichts unversucht, um Bucephalus wieder zurückzubekommen.
Hüseyin Tabak ist der Regisseur dieses märchenhaften Abenteuerfilms aus der winterlichen Großstadt Wien. Er hat in Wien Regie und Drehbuch studiert und dort auch diesen, seinen zweiten Langspielfilm gedreht. Als Vorlage diente ihm ein bereits 1971 erschienener Roman von Milan Dor. Dor hat diesen extra für den Film umgeschrieben und daraus eine Geschichte gemacht, die sich speziell an Kinder richtet.
Besonders gut ist dem Film gelungen, zu zeigen, wie Mika seine Umwelt wahrnimmt und was ihn von den anderen unterscheidet. Das geschieht beispielsweise durch Unschärfen der Kamera oder durch Animationen, die in die realen Filmbilder eingefügt wurden. So bringt Mika im Kopf ein von den anderen Jungen schlecht abgestecktes Fußballfeld in eine perfekte Rechteckform. Besonders empfindlich reagiert er auf Geräusche. Schützend hält er sich dann die Hände auf die Ohren. Andererseits weiß er auch, seine Stimme lautstark zum Einsatz zu bringen, wenn ihm etwas nicht passt, wenn er beispielsweise am Freitag keinen Palatschinken zu essen bekommt. Das ist eine österreichische Süßspeise, ein Pfannkuchen.
Mika ist nicht in der Lage, Witze, Wortanspielungen oder gar Ironie zu verstehen. Er versteht und meint alles wörtlich. Auf diese Weise ergeben sich immer wieder lustige Situationen, die uns gleichwohl zum Nachdenken bringen. Bei Saschas Behauptung „ich esse alles“ etwa zeigt der Film, wie unwahrscheinlich wörtlich Mika diese Behauptung nimmt – und das ist nicht gerade appetitlich! Das Asperger-Syndrom ist übrigens eine Entwicklungsstörung, die überwiegend bei Jungen auftaucht und relativ selten vorkommt. Enzo Gaier als Mika spielt diese Rolle sehr überzeugend, ist aber selbst nicht von dieser Störung betroffen.
Mika stellt sich zu Beginn des Films selbst vor. Er behauptet, jeder Mensch sei anders und daher sei es auch egal, wenn man ein bisschen mehr „anders“ ist. Der Film führt uns in Mikas Welt und schafft so ein besseres Verständnis für Menschen, die unter dem Asperger-Syndrom leiden. Und mehr noch. Er gibt ein wunderschönes Beispiel dafür, wie Menschen, die einsam und allein sind, die zu Außenseitern wurden und sich nicht „dazugehörig“ fühlen“, plötzlich zueinander finden und sich gegenseitig helfen.
Das beweist die Freundschaft zwischen Mika und Dana, die sich nun nicht mehr hinter ihrem Traum verstecken muss, die Prinzessin eines indischen Maharadschas zu sein. Für Mika und seine Mutter besteht am Ende gar die Hoffnung, zusammen mit Sascha und der einsamen Seniorin Hedi aus der Nachbarschaft eine intakte Ersatzfamilie gefunden zu haben.
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