Die zwölfjährige Selma lebt mit ihrem Vater und der Stiefmutter in einem kleinen Ort irgendwo in Norwegen. Da ihre Mutter bei Selmas Geburt starb und Selma hautnah den ständigen Streit zwischen ihrer Stieftante und dem Onkel in spe vor deren ein ums andere Mal verschobenen Hochzeit miterlebt, glaubt sie, dass die Liebe nur Probleme bereitet. Stattdessen will sie ihr Leben ganz der Wissenschaft widmen und später einmal den Nobelpreis für Sexualerziehung gewinnen. Verunsichert stellt Selma in diesem Sommer fest, dass plötzlich nichts mehr wie vorher ist. Sie reagiert mit Schroffheit und voller Trotz gegenüber den Mitmenschen. Die Erwachsenen halten das für den Beginn ihrer Pubertät und fragen ungeniert, ob sie bereits Brüste bekomme. Ihre beiden besten Freundinnen interessieren sich plötzlich für die blöden Jungs aus dem Ort, die den Mädchen komische Blicke zuwerfen und behaupten, die Sexualität sei die „natürlichste Sache der Welt“. Und dann gibt es da auch noch einen Studenten aus Schweden, der auf einem nahen Bauernhof ein Praktikum absolviert. Er verhält sich so ganz anderes als die Männer in Selmas Welt. Er ist auch der erste Mann, den sie vollkommen nackt sieht, als sie ihn in eines Nachts heimlich beim Waschen beobachtet. Und er stellt ihr später die Frage nach der Farbe der Milch.
Unter den gleichaltrigen Jungen findet allein Andy einen Zugang zu Selma. Er ignoriert einfach ihre Zurückweisungen und behauptet, auch er hätte wissenschaftliche Interessen. Daraufhin erleben die beiden gemeinsam nahezu unbeschwerte Sommertage, bis Selma herausfindet, dass Andy sich in sie verliebt hat. Aber er findet als Erster die richtige Antwort auf die Frage nach der Farbe der Milch. Selmas Verunsicherung und Selbstzweifel, die aus den widersprüchlichen Gefühlen gegenüber Andy erwachsen sind, erreichen ihren Höhepunkt am Hochzeitstag der Stieftante. An diesem Tag reist auch der schwedische Student in seine Heimat zurück und mit ihm eine Freundin, die Selma zuvor beim Liebesspiel mit ihrem Cousin entdeckt hatte. Von ihr erfährt Selma, wie schwer auch den Älteren die Entscheidung fällt, wer der richtige Partner für das Leben ist und was es mit der Liebe auf sich hat. Als Selma erkennt, dass die Liebe nicht nur eine Naturkatastrophe ist, weiß sie, was sie zu tun hat.
Selma steht als Figur nicht nur im Mittelpunkt der Geschichte, ihre Gedanken und Gefühle werden dem Publikum zugleich auch über ihre Stimme aus dem Off vermittelt. Trotzdem wirkt der Film nicht dialoglastig, denn vor dem Hintergrund einer sonnendurchfluteten norwegischen Küstenlandschaft mitten im Sommer sprechen auch die Bilder für sich. Ungewöhnliche Kameraperspektiven – etwa aus der Vogelperspektive oder bei Unterwasseraufnahmen – und schnell wechselnde Einstellungen visualisieren perfekt die augenblickliche Erlebniswelt des Mädchens. Mehrfach werden Ereignisse auch in einer Montagesequenz zusammengefasst, bei der der Originalton ausgeblendet ist und die Gefühlswelt zusätzlich über eine niemals aufdringlich wirkende Musikuntermalung, die aus wenigen Takten und Tönen besteht, verdeutlicht wird.
Für Abwechslung und Auflockerung sorgen zahlreiche humorvolle Einlagen und Szenen, die ebenfalls stimmig in den Handlungsablauf integriert wurden. Beispielsweise kann Selmas Freundin Elin den Ausführungen des Lehrers zur Sexualkunde, die mit den üblichen Bienen und Blumen starten, nur wenig Positives abgewinnen. Denn ihr Gesicht ist durch einen Bienenstich vollkommen verquollen und obendrein hat sie Erfahrungen mit dem ersten Zungenkuss gemacht. Das gewählte Superbreitwandformat Cinemascope schließlich bringt die Wechselbeziehung zwischen den Figuren untereinander und zur Landschaft nicht nur voll zur Geltung, sondern unterstützt zugleich den nahezu zeitlosen Allgemeingültigkeitsanspruch der Geschichte.
Es gibt nicht viele Filme, die weltweit auf Kinder- und Jugendfilmfestivals so viele Preise erhalten haben, wie der zweite Spielfilm – nach dem ebenfalls erfolgreichen Debüt „Nur Wolken bewegen die Sterne“ aus dem Jahr 1998 – der norwegischen Schriftstellerin, Regisseurin und staatlichen Filmberaterin Torun Lian. Selten zuvor sind die Gefühle und Probleme eines jungen Mädchens mit der erwachenden Sexualität und der ersten Liebe so wahrhaftig und filmisch wie darstellerisch stimmig, zugleich auch so beschwingt, humorvoll und für ein junges wie altes Publikum gleichermaßen unterhaltsam in Szene gesetzt worden.
Die mit der Pubertät einhergehenden allgemeinen Verunsicherungen und die ersten konkreten Erfahrungen mit der Sexualität und der Körperlichkeit des anderen Geschlechts fügen sich nahtlos in das konkrete Gegenwartsporträt des Verhältnisses zwischen den Geschlechtern ein, das von der Auflösung alter Rollenbilder und der Suche nach einer Neubestimmung der Rollen von Mann und Frau geprägt ist. So gelingt es, alte Klischees aufzugreifen und zu variieren, etwa das des Fußballs als reinem Männersport oder das der panischen Angst von Frauen vor Schlangen. Selma jedenfalls hat keine Angst vor diesen Tieren. Und als sie ein entsprechendes Exemplar im Rahmen einer von den Jungen finanziell entlohnten Mutprobe in die Waschküche ihrer Stieftante schleppt, führt das zu einer „klassischen“ panischen Reaktion der Tante, aber in Folge auch zu einer Verhaltensänderung des zukünftigen Ehemanns, der sich nun bereitwillig für das Wäschewaschen zuständig erklärt. Zugleich mit der humorvollen Brechung typischer Rollenklischees verdeutlicht der Film aber auch, wie sehr das Verhalten der Erwachsenen die Vorstellungen und Erwartungen der Kinder prägt und welche Verantwortung diese deshalb haben.
Das denken andere
Nachrichten-Thread
Guin
18.11.2022
Blöd
Blöd
Nachrichten-Thread
finyy
06.08.2015
liebe ihn
Klar bin ich 17 aber als ich 12 war wars mein absoluter lieblings film :D
HanisauLand ist eine Webseite für Acht- bis 14jährige. Wir veröffentlichen nur Beiträge von Kindern und Jugendlichen. Gerne können Sie uns über die E-Mail-Adresse redaktion(at)hanisauland.de eine Nachricht senden.
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