- Regie:
- Sarah Winkenstette
- Land und Erscheinungsjahr:
- Deutschland 2019
- Altersfreigabe der FSK:
- ab 0 Jahren
- Altersempfehlung:
- sehenswert ab 10 Jahren
- Länge:
- 88 Minuten
- Kinostart:
- 12. März 2020
Alle in Bens Familie wussten lange Bescheid, dass einmal der Tag kommen würde, an dem sie ihr geliebtes Zuhause für immer verlassen müssen. Das ganze Dorf soll abgerissen werden, um die Braunkohlevorkommen im Tagebau leichter abbauen zu können. Der Abschied von der alten Heimat mit dem Umzug in eine fremde Stadt fällt Ben schwer, da es seine bisherigen Freunde in alle Richtungen verweht. Zwar findet er sofort Anschluss in einem anderen Fußballverein. Der Trainer aber lässt ihn, den bisher so herausragenden Stürmer, vorerst nur in der Verteidigung spielen. Tariq, der ebenfalls gerade ins Team gekommen ist, hat offenbar mehr Glück. Er beherrscht den Ball wie kein anderer. Sogar das einzige Mädchen im Team ist voll anerkannt, Ben dagegen muss sich erst beweisen. Schnell findet Ben heraus, dass sein direkter Konkurrent sich manchmal etwas seltsam benimmt. Stundenlang sitzt dieser oft am Bahnhof und scheint auf etwas oder jemanden zu warten. Am Ende siegt die Neugier, denn Ben spürt, dass sie beide vielleicht mehr gemeinsam haben als allein die Liebe zum Fußball. Ben und Tariq werden Freunde und schließen sogar Blutsbrüderschaft. Mit wachsendem Vertrauen erzählen sie sich gegenseitig, was sie bedrückt. Tariq ist mit seinem älteren Bruder aus Aleppo in Syrien vor dem Bürgerkrieg geflohen. Ben erfährt, dass sein Freund auf ein Lebenszeichen seines Bruders wartet. Denn dieser ist auf der Flucht verschollen. Ben wiederum nimmt Tariq heimlich mit auf einen Ausflug. Dorthin, wo bereits die Abrissbagger ihr grausames Werk verrichten und wo der Zutritt strengstens verboten ist. Was Ben und Tariq dort erwartet, ist aber nicht die einzige Überraschung, die den beiden Freunden noch bevorsteht.
Nach einem Kurzspielfilm und mehreren Fernsehproduktionen ist „Zu weit weg“ der erste Kinospielfilm von Sarah Winkenstette. Ihr Debütwerk ist einer der eindrücklichsten deutschen Kinderfilme des Kinojahres 2019. Dies liegt – ähnlich wie beim Fußball – gleichermaßen am perfekten Zusammenspiel der Teammitglieder vor und hinter der Kamera. Zudem setzt die Regisseurin ein schwieriges Thema sehr unterhaltsam um. Das Drehbuch von Susanne Finken ist gerade in den Dialogen sehr realitätsnah, die Regie überfordert nicht mit den Hintergründen des syrischen Bürgerkriegs oder eines breit ausgewalzten Flüchtlingsdramas. Stattdessen bleibt der Film immer auf Augenhöhe mit den beiden Jungen, dicht an ihrer Erlebniswelt, an ihren Gefühlen. Der Kamerafrau Monika Plura wiederum ist es gelungen, stimmungsvolle und symbolkräftige Bilder für die Entwurzelung und den Verlust von Heimat zu finden, worunter die beiden Jungen sehr zu leiden haben. Und natürlich kommt bei alledem der Fußballsport nicht zu kurz. Hervorzuheben ist schließlich auch die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller, der eine redegewandt und selbstsicher, der andere wortkarg und verschlossen. Sohbi Awad als Tariq kam als Flüchtling tatsächlich erst einige Monate vor Drehbeginn nach Deutschland und konnte sich in seine Rolle gut einfühlen.
Der gut gewählte Filmtitel lässt gleich mehrere Bedeutungen zu. Die alte Heimat von Ben und Tariq ist zu weit weg, um einfach wieder dorthin zurückkehren zu können. Sie ist buchstäblich vom Erdboden verschwunden. Zu weit weg voneinander sind sich die beiden Jungen am Anfang, auch wegen ihrer unterschiedlichen Lebenserfahrungen. Die Zerstörungen von Aleppo und der Abriss des Dorfes durch den Braunkohletagebau lassen sich nur begrenzt miteinander vergleichen. Und doch finden Ben und Tarik zueinander. Als Fremde in einer fremden Umgebung sind beide zu weit weg von den anderen in der Klasse, selbst noch im Sportverein. Das ändert sich zum Glück. Ihre Freundschaft dient den anderen in der Klasse als Vorbild, die beiden voll in ihre Gemeinschaft aufzunehmen und zu integrieren. Mühelos gelingt es dem Film, alle diese Themen unter einen Hut zu bringen und das ist wirklich etwas Besonderes.
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