- Regie:
- Vivian Naefe, nach dem Roman „Fuchsalarm“ von Cornelia Funke
- Land und Erscheinungsjahr:
- Deutschland 2006
- Altersfreigabe der FSK:
- ab 0 Jahren
- Altersempfehlung:
- sehenswert ab 8 Jahren
- Länge:
- 115 Minuten
- Kinostart:
- 9. Februar 2006
„Die wilden Hühner“ sind die coolste Mädchenbande der fünften Klasse. Sie halten zusammen, selbst wenn sie und ihr jeweiliges familiäres Umfeld eigentlich sehr verschieden sind. Sprotte, die schlagfertige Anführerin, lebt bei ihrer allein erziehenden Mutter, die als Taxifahrerin häufig in der Nacht arbeitet und mit Männern bisher immer Pech hatte. Melanie, deren Vater arbeitslos geworden ist und deshalb mit der Familie eine kleinere Wohnung beziehen muss, ist vor allem um ihre Pickelprobleme besorgt. Trude hat sich nach der Scheidung ihrer Eltern aus Frust einen dicken Körperpanzer angefuttert und die sozial stark engagierte Frieda kommt zwar aus intaktem Elternhaus, muss aber ständig auf ihren kleinen Bruder aufpassen. Die unter dem Leistungsdruck ihrer Eltern leidende Wilma, ein Einzelkind, wird erst nach einer Bewährungsprobe in die Bande aufgenommen. Gemeinsam sind den Mädchen aber ihre Probleme mit den Jungen, speziell mit den konkurrierenden „Pygmäen“ aus derselben Klasse. Dahinter stecken ihr Anführer Fred, der freche Torte, der die Zukunft aus den Karten lesende dicke Steve und Willi, der ständig von seinem Vater geschlagen wird. Am liebsten würden die „wilden Hühner“ den Jungen ganz aus dem Weg gehen. Dennoch spüren sie, dass hinter den gegenseitigen Sticheleien offensichtlich nicht nur Bosheit steckt.
Eines Tages ruft Sprotte „Fuchsalarm“ aus, ein wirklicher Notfall ist eingetreten, der keinen Aufschub duldet. Sprottes resolute Oma Slättberg möchte alle ihre Hühner schlachten, bevor sie zäh und ungenießbar geworden sind. Sprotte freilich hängt sehr an den Tieren, nach denen sie auch ihre Bande benannt hat. Sie möchte die Hühner mit ihren Freundinnen retten und auf ein Grundstück bringen, das Trude von ihrem Vater geschenkt bekam. Der nächtliche „Einbruch“ in den Hühnerstall endet allerdings im Chaos und Oma Slättberg legt sich zum Schutz gegen weitere Einbrecher gar eine Pistole zu. Nachdem ein letzter Vermittlungsversuch von Sprottes Mutter fehlschlägt, bitten die Mädchen schweren Herzens die Jungen um Hilfe. Gemeinsam gelingt der gefährliche Coup, die Hühner sind gerettet. Allerdings schlägt die gute Stimmung um, als die Mädchen den Jungen die Hiobsbotschaft bringen, dass deren Quartier, ein Baumhaus, der Erweiterung des nahe gelegenen Schrottplatzes weichen soll. Aus Enttäuschung über den Verlust seines geliebten Zufluchtorts beschädigt Willi einen Bagger. Als er dabei erkannt wird, flüchtet er aus Angst vor dem drohenden Zorn seines Vaters und versteckt sich an einem geheimen Ort. In ihrer Verzweiflung vertrauen sich die Kinder ihrer Klassenlehrerin Frau Rose an und bitten sie um Hilfe.
Sprotte, deren verständnisvolle Beziehung zur Mutter und zur ambivalent erlebten Großmutter ausführlich im Film dargestellt wird, erzählt die Geschichte der „wilden Hühner“ ganz aus ihrer Perspektive als Off-Erzählerin im Stil eines Tagebuchs. Diese Erzählperspektive unterstreicht der Film visuell mehrfach durch umrandete bewegte Bilder, die an Fotos aus einem Album erinnern beziehungsweise an Seiten, die umgeblättert werden. Der Film entstand nach den bekannten Jugendromanen über „die wilden Hühner“ aus der Feder der deutschen Autorin Cornelia Funke. Sie wurden allein in Deutschland bisher über 1,8 Millionen Mal und in anderen Ländern etwa in der gleichen Höhe verkauft. Die Produzenten Uschi Reich und Peter Zenk, die ihr Talent für gute Kinderbuchverfilmungen bereits mit mehreren überaus erfolgreichen Kästner-Verfilmungen bewiesen, wählten für die erste Verfilmung der sechsbändigen Buchserie das zweite Buch mit dem Titel „Fuchsalarm“ aus, weil es am wenigsten episodisch angelegt ist und eine abgeschlossene Geschichte erzählt.
Mit der Regie wurde Vivian Naefe beauftragt, die nach eigenen Kinofilmen und zahlreichen Fernsehfilmen große handwerkliche Erfahrung erworben hat und ihre Filme weniger problemorientiert inszeniert. Diese Mischung aus einer optimistischen und von den Kindern etwas geschönten Sicht der Dinge mit einer realistischen Darstellung ihrer Probleme sorgt für Spannung und Unterhaltung. Die Dialoge sind treffend und wirken wie aus dem Leben gegriffen, das Spiel der Darsteller ist sehr natürlich. Das alles trägt den Film, obwohl die Geschichte über die Hühnerbefreiung, die dem Film als roter Faden dient, nicht gerade umwerfend klingt.
In einem bundesweiten Casting wurden die neun Kinderdarsteller (fünf Mädchen und vier Jungen) absolut typgerecht ausgesucht. Die meisten von ihnen hatten bereits Filmerfahrung wie Michelle von Treuberg in der Rolle von Sprotte, Paula Riemann, die Tochter der bekannten Schauspielerin Katja Riemann, als Melanie oder Philip Wiegratz als Steve, der zuvor souverän den deutschen Metzgersohn in Tim Burtons „Charlie und die Schokoladenfabrik“ spielte. Wie sehr der Kinderfilm in Deutschland über Kästner-Adaptionen hinaus offenbar wieder ernst genommen wird, ist auch am Staraufgebot der erwachsenen Darsteller zu erkennen. Sie fügen sich harmonisch und unaufdringlich in das Spiel der Kinder ein und wirken ebenfalls authentisch.
Als sich die „wilden Hühner“ mangels eines geeigneten Versammlungsorts nach dem „Fuchsalarm“ im Keller von Friedas Wohnung treffen, sind im Hintergrund große Plakate zu erkennen, die auf die vom Weltkinderhilfswerk proklamierten Rechte der Kinder verweisen. Diese Rechte werden von den Erwachsenen im Film immer wieder verletzt, sei es eher aus Nachlässigkeit oder Unfähigkeit wie bei Sprottes Großmutter, sei es aus grobem Verschulden wie bei Willis Vater, der seinen Sohn regelmäßig grün und blau schlägt, auf dem Schulhof sogar gegenüber Sprotte handgreiflich wird und dennoch nicht bloß als Ungeheuer gezeichnet ist. Die Probleme der anderen Kinder mit ihren Eltern werden zwar nur angeschnitten, geben aber dennoch ein realistisches Bild der Situation von Kindern an der Schwelle zum Erwachsenwerden, statt eine heile Welt vorzugaukeln. Nur selten schießt der Film über seinen Anspruch hinaus, etwa wenn Sprottes Oma, die dem gängigen Idealbild der verständnisvollen Großmutter zuwiderläuft und als grantelige Alte dargestellt wird, sich eine Pistole zulegt und diese tatsächlich in Gebrauch nimmt. Dramaturgisch unterstreichen diese Szenen zwar, dass der Hühnerdiebstahl gefährlich ist, wirken in einem Film für Kinder dennoch etwas deplatziert.
Angesichts der bei Drehbeginn noch nicht einzuschätzenden Gefahren durch die Vogelgrippe, die weder Cornelia Funke noch Vivian Naefe vorhersehen konnten, gewinnt die Sorglosigkeit des Umgangs mit und zugleich die Achtung vor dem Geflügel eine sicher unbeabsichtigte Nebenbedeutung. Besonders gelungen ist die subtile, von Wortwitz und Situationskomik getragene Darstellung des schwierigen Umgangs zwischen den Geschlechtern in einer Altersstufe, in der sich Mädchen und Jungen nach einer Periode des gegenseitigen Desinteresses wieder füreinander zu interessieren beginnen, Sehnsüchte und erste sexuelle Gefühle füreinander entwickeln. Alles in allem ein sehenswerter Film, der von Jugendlichen kaum beachtet werden dürfte, aber für Kinder und Erwachsene gleichermaßen beste Unterhaltung bietet.
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