Hanisauland: Lexikon @todo: aus Preprocess

Martin Baltscheit hat schon mehr als 40 Kinder- und Bilderbücher veröffentlicht, die er mit Vorliebe in der Form einer Fabel erzählt. „Nur ein Tag“ kam 2007 zunächst als Theaterstück für Kinder heraus, das auf den Bühnen schnell zum Klassiker für das Kinder- und Jugendtheater wurde. Später kamen das Hörbuch dazu, schließlich ein wunderbar illustriertes Buch und jetzt auch noch der Film. Dieser ist zugleich Baltscheits Debüt als Filmregisseur. Er erzählt die Geschichte nicht etwa in Form eines Animationsfilms, wie bei diesem Stoff zu erwarten wäre. Er lässt die Tiere von erfahrenen Schauspielern verkörpern, ohne Verkleidungen, ohne Tricktechniken und andere Special Effekts. Schließlich stehen alle Tiere in dieser Fabel für den Menschen. Folgerichtig werden sie auch von Menschen gespielt – mit aller Ernsthaftigkeit und Selbstverständlichkeit. Auf diese Weise nimmt der Film sein Publikum ernst, egal wie alt oder jung es ist. Das ist so selten, dass man es wirklich einmal mit eigenen Augen gesehen haben muss! Auf diese Weise und mit viel Humor gelingt es dem Film, spielerisch und sehr verständlich für wichtige Lebensfragen zu sensibilisieren und zum Nachdenken anzuregen. Der Spaß und die Fantasie kommen dabei nicht zu kurz. Für zusätzliche Überraschungen sorgt die musikalische Untermalung, von einfachen Klangfolgen über coole Jazzmusik bis zu Alphornbläsern, die mit ihren Instrumenten ins Bild ragen.

Auch wenn es in diesem Film immer um den Menschen selbst geht, ist ein kurzer Blick auf die Tierwelt nicht verkehrt: Mit der gemeinen Stubenfliege oder der Schmeißfliege lassen sich Eintagsfliegen wirklich nur sehr bedingt vergleichen. Sie gehören zu den Fluginsekten, die ihre von kleinen Adern durchzogenen schönen großen Flügel in Ruhestellung über dem Rücken hochstellen und nicht anlegen können. Es gibt über 300 Arten von ihnen. Ihre Lebensdauer reicht von wenigen Minuten bis zu ein bis ca. vier Tagen. Das unterstreicht noch einmal eine der Aussagen des Films, dass die Lebensdauer nicht entscheidend ist, sondern die Art und Weise, wie man dieses Leben verbringt – egal ob Eintagsfliege oder Mensch.

Die vor mehr als 2000 Jahren vom römischen Dichter Horaz formulierte Botschaft, jeden Tag des Lebens zu nutzen, zieht sich durch die Geschichte des Abendlands. Sie schwingt auch bei dieser Tierfabel mit. Für Eintagsfliegen wie auch für den Menschen ist die Lebenszeit begrenzt. Aber es sollten weder der größtmögliche Spaßfaktor noch eine unablässige Pflichterfüllung im Vordergrund stehen. Jeder Tag ohne Liebe und Freundschaft ist ein verlorener Tag, so eine Grundaussage des Films. Das gilt zuallererst für den privaten Bereich. Aber das hat auch unmittelbare Auswirkungen auf andere Menschen und die ganze Gesellschaft. Wildschwein, Fuchs und Eintagsfliege denken nicht nur an sich selbst. Sie entwickeln Vertrauen zueinander und Solidarität, was eine Notlüge nicht ausschließt. Gemeinsam gestalten sie ihre Zukunft und erleben auf diese Weise einen wunderbaren, sinnerfüllten Tag.